Alfred Seidel

Alfred Herbert Georg Seidel wurde am 1. November 1913 in Breslau geboren. Nach dem tragischen Verlust seines Vaters Otto im Ersten Weltkrieg zog er mit seiner Mutter Maria und seiner Schwester Helene in ihr oberschlesisches Elternhaus in Scharley oder Deutsch-Piekar. Alfred Seidel verbrachte seine Kindheit dort, in der Nähe der Kohlefelder an der damaligen Grenze zum Russischen Reich.

Er wuchs unter der Obhut zweier Tanten und dem Beruf seiner Mutter auf. Das Umfeld war geprägt von kleinbürgerlichen Werten und einem tief verwurzelten Katholizismus. Seidel wurde 1920 in die Volksschule in Deutsch-Piekar eingeschult und wechselte 1924 auf das Realgymnasium in Beuthen. Dort erkannte ein aufmerksamer Zeichenlehrer sein Talent und förderte es. Seidel fühlte sich schon früh zum künstlerischen Schaffen hingezogen.

Kurz vor dem Abitur 1933 verließ er das Realgymnasium und begann am 2. November 1933 eine Ausbildung zum Theatermaler. Es folgten Engagements als Theatermaler am Oberschlesischen Landestheater in Beuthen und später als erster Theatermaler und Studioleiter am Stadttheater in Salzburg.

Während des Zweiten Weltkriegs wurde Seidel eingezogen und zweimal verwundet. Trotz des Verlustes seines rechten Auges ließ er sich nicht von seiner Berufung als Künstler abbringen. Er schuf zahlreiche Grafiken, Zeichnungen, Gemälde in verschiedenen Techniken sowie Glasfenster und Skulpturen. Sein lebenslanges Interesse an der Literatur spiegelt sich in seinen Illustrationen und literarischen Werken wider.

Nach seiner Entlassung aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft 1945 fand Seidel zunächst in Sillenbuch und ab 1954 in Schorndorf eine neue Heimat. Er war langjähriges Mitglied der Esslinger Künstlergilde. Alfred Seidel starb am 20. November 2001 in Schorndorf und hinterlässt seine Frau Elisabeth und seine drei Kinder Susanne, Matthias und Christoph. Seine Erben überließen 2017 den Großteil seiner Werke der Stadt Schorndorf.

Alfred Seidel illustrierte vor allem zu Beginn seiner Karriere viele Märchen, und die Nachkriegszeit bot ihm mit Neuauflagen klassischer Märchen ein ideales Arbeitsfeld. Beispiele für seine Illustrationen sind Werke von Andersen, den Brüdern Grimm, Agnes Sapper und Tamara Ramsay. Später widmete er sich auch der Illustration von Romanen, darunter Werke von Egon H. Rakette.

Darüber hinaus schuf er selbstständig und ohne konkrete Aufträge Grafiken zu literarischen Themen, die er in so genannten „Grafikzyklen“ zusammenfasste. Diese beschäftigen sich mit Werken von Dostojewski, Tolstoi, Molière, William Shakespeare und Friedrich Dürrenmatt sowie mit Grafiken für Zeitschriften und Kalender.

Während seiner gesamten Schaffensperiode schuf er zahlreiche Werke in verschiedenen Techniken wie Ölgemälde, Linolschnitte und Aquarelle. Seine bevorzugten Themen waren religiöse oder mythologische Motive sowie Porträts aus seinem beruflichen und privaten Umfeld. Landschaften bildeten eher eine Ausnahme.

Ab 1957 gestaltete Seidel zunehmend öffentliche Räume, insbesondere die künstlerische Innenausstattung katholischer Kirchen. Für die Diözese Rottenburg-Stuttgart schuf er Wandmosaike, Altäre, Tabernakel, Kreuzgänge und zahlreiche Glasfenster.

Unabhängig von Auftragsarbeiten schrieb Alfred Seidel auch eine Reihe von Dramen und Erzählungen zu verschiedenen Themen wie „Christoph Kolumbus“, „Konradin, der letzte Staufer“, „Schwund des Religiösen“, „Erbschaftsbetrug“ und „Wege der Selbsterkenntnis“. In seinen Erzählungen geht es vor allem um seine Kindheit und Jugend in Oberschlesien sowie um familiäre Erlebnisse und Begegnungen.

Für sein künstlerisches Schaffen wurde Alfred Georg Seidel 1981 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.

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